Zero Escape: Virtue’s Last Reward

Im zweiten Teil der Zero Escape-Serie begleiten die Spielenden Sigma, einen Studenten, der entführt und mit acht weiteren Personen gemeinsam in einer riesigen Halle eingesperrt wurde. Auch hier werden die Charaktere von einem Unbekannten, der sich „Zero“ nennt, gezwungen, das „Nonary Game“ zu spielen. In diesem müssen die Charaktere in einem Spiel aus Betrug und Vertrauen, welches sich an dem Gedankenexperiment Gefangenendilemma orientiert, Punkte sammeln, um die 9. Tür zu öffnen und der Gefangenschaft zu entkommen. Auch müssen im Verlauf weitere Türen geöffnet und die dahinterliegenden Escape Rooms verlassen werden, um voranzukommen. Ziel ist das Entkommen aus der Halle und das Aufdecken der Identität und der Motive von „Zero“. Zudem wollen die Spielenden herausfinden, was außerhalb der Halle mit der Menschheit geschieht, da die Charaktere die Information erhalten, dass sich eine tödliche Krankheit über die gesamte Bevölkerung ausbreitet.

Gameplay
Wie bei seinem Vorgänger, teilt sich dieses Abenteuer in zwei Modi: den Escape- und den Novel-Modus. Im Escape-Modus betreten die Spieler_innen Räume voller Rätsel mit dem Ziel, diese zu verlassen. Die Escape Rooms in diesem Teil sind deutlich anspruchsvoller und umfangreicher als im Vorgänger und es gibt auch deutlich mehr dieser Räume. Zudem gibt es die Möglichkeit, die Rätsel leichter einzustellen; die Charaktere geben dann mehr Hinweise zur Lösung der Rätsel und helfen somit weiter. Der Novel-Modus zeigt den Verlauf der Geschichte mit 3D-Animationen der Charaktere, welche wieder auf Englisch synchronisiert sind. Sie interagieren miteinander, erkunden die Halle, in der sie eingesperrt wurden, und entdecken immer wieder neue Informationen, Wendungen und Gefahren. Diese Abschnitte können manchmal mehrere Stunden umfassen, ohne dass es zu einer Sequenz kommt, in welche die Spielenden eingreifen können. Somit erinnern diese Passagen zeitweise mehr an einen Film.
Auch beeinflussen die getroffenen Entscheidungen den weiteren Verlauf, jedoch in deutlich größerem Maße als noch beim Vorgänger. Gab es dort noch sechs unterschiedliche Enden, so sind es bei Virtue’s Last Reward über zwanzig, von denen allerdings nur eines das „echte“ Ende darstellt. Dies zu erreichen ist das Ziel. Mithilfe des Flowcharts, einer Übersicht, welche Entscheidungen bereits getroffen wurden, bleibt es trotz der vielen Möglichkeiten und Enden übersichtlich. Zudem nimmt das Spiel direkten Bezug auf diese Mechanik: Sigma, der Hauptcharakter, hat die Fähigkeit, Informationen aus anderen Universen zu erhalten. Hierbei werden die unterschiedlichen Handlungsstränge, die sich durch die Entscheidungen ergeben, als Universen betrachtet (siehe Mehrweltentheorie). Das bedeutet, dass die Spielenden Probleme, die in einem Handlungsstrang auftreten, mit Informationen aus einem anderen Handlungsstrang lösen und somit immer weiter in der Geschichte fortschreiten können, da der Protagonist über die gleichen Informationen verfügt wie die Spieler_innen selbst, die alles von außen betrachtet.

Spielmechanik
Da das Grundprinzip darauf abzielt, Misstrauen und Anspannung unter den Charakteren zu streuen, ist die meiste Zeit eine sehr düstere und fast feindselige Atmosphäre präsent. Dies führt dazu, dass die Hintergründe vieler Charaktere lange undurchsichtig bleiben und die Spieler_innen dazu animiert werden, selbst zu hinterfragen, wem vertraut werden kann. Auch kommt es häufig zu Ausschreitungen und Gewalttaten zwischen den Charakteren. Zwar üben die Spielenden nie selbst Gewalt aus, doch die Darstellungen sind expliziter und verstörender als noch im ersten Teil. Einige Szenarien führen auch zum Tod der eigenen Spielfigur. Besonders eine Szene, in der alle Charaktere zu Tode kommen, wirkt sehr verstörend, da die Spielenden nie Einfluss auf solche Geschehnisse nehmen können und somit gezwungen sind, zuzusehen, wie durch eine getroffene Entscheidung alles schiefläuft.
Die wirklichen Hintergründe bleiben lange Zeit unbekannt und die Spieler_innen müssen die erhaltenen Informationen hinterfragen und versuchen, sie in den Gesamtkontext einzuordnen. So wird man zu stetigem Mitdenken angeregt und auch darin gefördert, kleine Hinweise wahrzunehmen und nach relevanten und irrelevanten Informationen zu sortieren sowie ein Gesamtbild daraus zu erschließen. Da erst ganz zum Schluss alles enthüllt wird, ist die Spannung die ganze Zeit präsent und auch der Ehrgeiz, das Ende zu erreichen, wird stetig unterstützt.

Fazit:
Das Abenteuer dreht sich unter anderem auch um verstörende Themen, wie Sekten, Biowaffen und Krankheiten, die für zusätzliche Anspannung sorgen. Zudem sind Gedankenexperimente, wie etwa Schrödinger’s Katze, immer wieder Bestandteil. Da auch die Rätsel sehr anspruchsvoll sind und die Sprachausgabe komplett auf Englisch erfolgt, ist der Titel für Jugendliche ab 16 Jahren interessant. Nicht nur müssen die Spielenden der stetigen Anspannung und den immer wiederkehrenden Fehlschlägen standhalten, sondern auch über eine Spielzeit von ca. 80 Stunden Hinweise wahrnehmen, einordnen und sich merken, um das Gesamtbild der Geschichte zu erfassen. Auch die differenzierte Wahrnehmung der dargestellten Gewalt ist unabdingbar. Wenn all dies gegeben ist, ist Virtue’s Last Reward ein spannendes Visual Novel-Adventure, welches die Spieler_innen bis zur letzten Sekunde fesselt, vor Fragen stellt und immer wieder herausfordert; nicht nur durch die anspruchsvollen Rätsel, sondern vielmehr durch die komplexe Geschichte.

Eine Rezension von Lisa Alexa Weinert // Sommersemester 2018

Detroit Become Human

playstation.com/de-de/games/detroit-ps4/Wir schreiben das Jahr 2038: Roboter, genauer Androiden dienen den Menschen als Altenpfleger, Gärtner, Polizisten und sogar als Prostituierte.  Die Folgen sind Arbeitslosigkeit und eine immer stärker werdende Wut auf den technologischen Fortschritt. Die Situation droht zu eskalieren, da sich ein Systemfehler in die Programmierung der Androiden eingeschlichen hat. Einige von ihnen fangen an nicht mehr ihren Besitzern gehorchen, sondern selbstständig zu denken, zu handeln und Emotionen zu fühlen. Dies geht so weit, dass Androiden in diesem Zustand unberechenbar sein können.

Das Spiel konzentriert sich auf die Perspektiven von drei verschiedenen Androiden: Einer dieser Androiden ist Connor. Er ermittelt im Namen des Detroit City Police Departments gegen straffällig gewordenen Abweichler. Im Laufe seiner Ermittlungen steht Connor immer mehr im Konflikt, entweder möglichst objektiv und knallhart seine Mission zu erfüllen, oder Emotionen und Gefühle wie Mitleid, Hilfsbereitschaft oder Gnade zu zeigen, was zunehmend seine Wahrnehmung und Perspektive verändert. Verstärkt wird dieser Konflikt durch die Tatsache, dass er für die Fälle einen psychisch labilen Partner zugewiesen bekommt.

Der zweite Charakter ist Kara, welche als Hausfrau und Babysitterin die typischen Haushaltsaufgaben ihres Besitzers erledigt und sich um seine Tochter Alice kümmert. Nach einem Wutausbruch ihres Besitzers, in dessen Rahmen er sogar seine Tochter misshandeln möchte, ist Kara gezwungen, eine Abweichlerin zu werden, um Alice zu retten. Zusammen fliehen sie vor Karas Besitzer.

Der dritte Charakter ist Markus: Markus ist als Altenpfleger und Diener für einen reichen, alten Künstler programmiert worden. Bei einem Einbruch und einer Konfrontation mit dem Einbrecher wird Markus zum Abweichler und, nach einer körperlichen Auseinandersetzung, in einer Kurzschlussreaktion von der Polizei erschossen. Markus überlebt die Schüsse und erwacht später auf einem Schrottplatz, alleine ohne Obdach und Besitzer. Er stößt auf eine Untergrund-Organisation von Abweichlern, die das Zeil verfolgen, dass Androiden die gleichen Rechte erhalten wie Menschen und als eigene Lebewesen anerkannt werden, ohne versklavt oder misshandelt zu werden. Zusammen planen sie Aktionen, um die Menschen immer mehr auf ihre Forderungen aufmerksam zu machen, wobei das öffentliche Meinungsbild je nach Auftritt und Aktion schwanken kann. Markus muss sich überlegen, ob die Androiden sich im Rahmen ihrer Aktionen und Auftritte friedvoll oder gewaltsam verhalten sollen und wie sich das auf die Zukunft der Androiden auswirken könnte.

Die Charaktere haben alle drei unterschiedliche Androiden-Funktionen, wodurch sich auch das Gameplay dieser Charaktere unterscheidet. In einem Kapitel ermittelt man einen Mordfall, im nächsten Kapitel liefert man sich eine Verfolgungsjagd mit Wachpersonal und im übernächsten muss man sich überlegen, welche Entscheidung moralisch richtig und diplomatisch passend ist. Alle drei Charaktere bringen dem Spiel je unterschiedliche Elemente und Spielweisen.

Ob die drei Charaktere ihre jeweiligen Ziele erreichen und wie sie sich im Rahmen ihrer Konflikte entscheiden werden, liegt in der Hand des Spielers. Denn Detroit: Become Human, welches von Quantic Dream programmiert wurde und im Mai 2018 als PlayStation 4 Exklusivspiel erschienen ist, ist ein interaktives Spiel. Ähnlich wie die Vorgänger Heavy Rain und Beyond two Souls spielt es sich wie eine Mischung aus spielbarem Film und Quick Time Events. Gewisse Entscheidungen im Spiel wirken sich auf die Handlung aus und können diese in eine ganz andere Richtung lenken.

Wenn z. B. einer der Charaktere stirbt, bedeutet es noch lange nicht, dass das Spiel zu Ende ist. Stattdessen wirkt sich dieser Tod auf die Gesamtgeschichte aus und das Spiel passt sich dementsprechend an. Spiele wie z. B. Telltales The Walking Dead oder auch Beyond two Souls, werden oft dafür kritisiert, dass diese versprochene Entscheidungsfreiheit nur eine Illusion sei und dass alle Entscheidungen im Grunde immer für dasselbe Resultat sorgen. In Detroit: Become Human ist die Entscheidungsfreiheit viel mehr als nur eine Illusion: Am Ende jedes Kapitels erhält der Spieler eine Übersicht darüber, welche Entscheidung er getroffen hat und wie sie ihm zur nächsten Entscheidung geführt haben. Das Ganze erinnert an einen riesigen Zeitstrahl, der ganz in ganz viele unterschiedliche Richtungen gehen kann, abhängig davon, wie das Spiel gespielt wird und welche Entscheidungen man trifft. In diesem Aspekt ist es auch ein optionales Ziel des Spiels, dass der Spieler sämtliche Entscheidungen und deren Auswirkungen entdeckt und den Zeitstrahl, pro Kapitel, auf je 100% bringt. Dementsprechend gibt es in Detroit: Become Human nur sehr wenige Kapitel, in denen die Entscheidungen nicht für den weiteren Verlauf relevant sind und die nur ein einziges festes Ende haben. Aber nicht nur in den Kapiteln an sich gibt es viele Freiheiten: Gerade zum Ende des Spiels hin, kann man, je nachdem welche Entscheidungen man getroffen, pro Charakter an bis zu vier unterschiedlichen Schauplätzen landen. Man kann hier also mehrere Spieldurchläufe starten, die sich je komplett anders spielen lassen.

Obwohl die Handlung Potenzial hat, bricht sie an manchen Stellen in der Story leicht in sich zusammen. Das Verhalten oder die Intentionen gewisser Charaktere, die schon früh in der Handlung deutlich werden, ändern sich plötzlich unverständlicherweise. Die Charaktere springen vom Verhalten hin und her, nur damit es in die veränderte Handlung passt. Ein Charakter offenbart z. B. erst ganz zum Schluss, wenn man bestimmte Entscheidungen getroffen hat, seine Intentionen im Spiel. Wenn man allerdings andere Entscheidungen wählt, sind diese Intentionen des Charakters plötzlich nicht mehr vorhanden und der Charakter hat ein ganz anderes Verhalten. Auch in der Handlung passieren oft sehr unlogische und schlecht durchdachte Aktionen, die augenscheinlich vermutlich nur so passieren, damit die Geschichte so weitergeht, wie die Autoren es wollen. Dies ist allerdings nur an wenigen Stellen störend und aufgrund der vielen, unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten im Spiel noch durchaus verschmerzbar.

Die Charaktere und auch die Spiel-Welt schaffen eine gelungene Mischung Virtualität und Realität. Besonders die Gesichtsanimationen sind dabei hervorzuheben und lassen die Emotionen der Charaktere, die durch Motion Capturing von Schauspielern aufgenommen wurden, sehr realistisch und detailreich wirken. Detailreich ist auch die Gestaltung der Welt im Videospiel: Sehr oft entdeckt man Anspielungen an die vorherigen Quantic Dream Spiele und außerdem wurden auch Umgebungen oder Charaktere sehr liebevoll gestaltet, die in der eigentlichen Geschichte keine Rolle spielen und die man vielleicht mal in der Ferne sieht oder an einem vorbeilaufen. Gerade in den offeneren Kapiteln lassen sich sehr viele Details und kleine Entscheidungen finden, dass sich das eigenständige Erforschen der Spielewelt auf jeden Fall lohnt. Aber auch in den kleineren Kapiteln kann man sehr viele coole Kleinigkeiten entdecken, wenn man sich genau umsieht.

Auch beim Soundtrack haben die Entwickler sehr viel Wert auf Details gelegt: Alle drei Charaktere haben je unterschiedliche Komponisten für ihre Soundtracks bekommen, damit sich diese von der Stimmung her komplett unterscheiden. Generell schaffen es alle drei Komponisten mit ihren Soundtracks, den Spieler in die richtige Stimmung zu versetzen und mitzufühlen.

Vom Schwierigkeitsgrad her hat der Spieler die Wahl zwischen zwei Optionen. Wobei allerdings beide Schwierigkeitsgrade nicht allzu schwer sind und auch unerfahrene Spieler sehr schnell die Quick Time Events auf beiden Schwierigkeitsgraden meistern werden. Im Vergleich zu Heavy Rain oder Beyond two Souls wirken diese auf jeden Fall anspruchsloser. Vor allem erfahrene Spieler werden in diesem Aspekt keine wirkliche Herausforderung erleben.

Das Spiel liefert eine ganz prägnante, deutliche und fast schon pädagogische Botschaft: Sämtliche Lebewesen auf unserem Planeten haben das Recht, anständig und mit Würde behandelt zu werden.. Es ist die menschliche Angst vor dem Unbekannten und die Pauschalisierung von ‚Fremden‘, die dieses Spiel in seiner Art möglich machen. Dies sorgt auch dafür, dass man historische Elemente im Spiel wiederfindet, die in ihrer Umsetzung an reale Ereignisse erinnern. Die Kapitel von Markus, wo es verstärkt darum geht, für die Rechte der Androiden einzustehen und wo wir den Alltag eines normalen Androiden als Diener sehen, in der sie z. B. eigene Abteile im Bus haben, erinnern stark an die Bürgerrechtsbewegung und an ein durch Rosa Parks auch in Deutschland bekannt gewordenes Amerika der sechziger Jahre.

Karas Kapitel, in denen es vermehrt um die Geheimhaltung ihrer Identität geht, kombiniert mit der Suche nach einem Ort, an dem man sicher ist, erinnern an die Judenverfolgung in Deutschland. Dies geht sogar so weit, dass man in einem optionalen Kapitel in einem schwer-bewachten Lager gefangen ist, in dem die Androiden reihenweise zusammen in Kammern geschickt werden, wo sie endgültig deaktiviert werden bzw. sterben und dann deren Leichen auf LKWs wegtransportiert werden. Teilweise versuchen die Entwickler so stark, Anspielungen die an echte historische Ereignisse zu liefern, dass es manchmal in der Handlung sehr klischeehaft und sogar lächerlich wirkt. Generell stellt man sich bei Momenten, wie z. B. der Konzentrationslager-Anspielung oft die Frage, ob weniger nicht manchmal doch mehr ist.

Nichtsdestotrotz schafft das Spiel eine fiktionale Geschichte mit historischen Anspielungen zu liefern, die vielleicht gerade jüngeren Spielern geschichtliche Verhältnisse auf eine neue Art und Weise vermitteln kann. Die Entscheidungswahl und die direkten Konsequenzen helfen den Spielern womöglich auch dabei sich mehr Gedanken über die Spiel- und Vorgehensweise in virtuellen sowie realen Welten zu machen und dass nicht immer der erste Gedanke automatisch der Richtige ist.

FAZIT:

Diese großen Mengen an Freiheit, zusammen mit sehr vielen kleinen Details bei der Umsetzung und einer sehr bewegenden Handlung, machen Detroit: Become Human zu einem interaktiven Spiel, wie man es kaum kennt. Spieler, die keine Probleme haben, auf das klassische Actionspiel- Schema zu verzichten oder generell Fans von interaktiven Spielen sind, werden an Detroit: Become Human bestimmt ihren Spaß haben. Auch wenn man vielleicht kein Fan der Charaktere oder der Handlung ist, so bietet das Spiel trotzdem ein so hohes Maß an Interaktivität, dass man alleine seinen Spaß daran haben kann, durch ein paar alternative Entscheidungen, die Charaktere direkt in ihr Unglück zu werfen. Spieler, die vielleicht kein Fan vom Konzept der interaktiven Spiele sind, können an diesem Spiel zumindest lernen, wie viele Freiheiten ein Videospiel einem potenziell liefern kann. Detroit: Become Human hält das, was es verspricht und was viele andere Spiele seiner Art nicht schaffen: Ein großes interaktives Erlebnis, das von der Handlung her manchmal zwar schwächelt und vorhersehbar ist, aber im Großen und Ganzen ein wichtiges Thema erzählt, das auf originelle und kreative Weise verpackt und umgesetzt wurde.

 

Eine Rezension von Dustin Heye // Sommersemester 2018

Lollipop Chainsaw

Eigentlich hat sich Cheerleaderin Juliet Starling ihren 18. Geburtstag anders vorgestellt. Auf ihrem Weg zur Schule bemerkt sie, dass die Stadt von Zombies überrannt wurde. Dabei wollte sie doch den Tag mit ihrem Freund Nick verbringen. Also kämpft sie sich ausgerüstet mit einer Kettensäge durch Horden von Zombies, denn sie ist zufällig genau wie ihre ganze Familie auch eine Zombiejägerin. Als sie an der Schule ankommt, muss sie zu ihrem Entsetzen feststellen, dass auch Nick von einem Zombie gebissen wurde. Um ihn vor der Verwandlung zu schützen, trennt sie seinen Kopf ab und vollzieht ein magisches Ritual um ihn am Leben zu halten.

Das Suda-Prinzip

Hinter solch einer Story kann nur der japanische Entwickler Suda51 stecken, der bekannt für seine abgedrehten Spiele wie „Killer7“ oder „No More Heroes“ bekannt ist. Zumindest übernimmt er die Rolle als leitender Entwickler, denn überraschenderweise kommt die Story aus der Feder von Guardians of the Galaxy-Regisseur James Gunn. Die Story ist zwar nicht ernst zu nehmen, aber hält den Spieler durch ihre Überinszenierung auf Trab und bietet zudem eine Menge schwarzen Humor. Dementsprechend bekommt man von dem Spiel das, was man von dem Entwickler erwartet.

Altbewährtes

Durch insgesamt sechs Level muss man sich durchzukämpfen. Am Ende wartet jeweils ein Boss. Attacken gilt es mit einer Kombination der Aktionstasten in typischer Hack-and-Slay-Manier auszuführen. Die Kettensäge bietet zwei verschiedene Schläge: Ein normaler frontaler Schlag und ein Schlag für auf den Boden kriechende Gegner. Zudem kann Juliet mithilfe ihrer Pompons Gegner betäuben und schwächen, um sie dann mit der Kettensäge leichter zu töten. Im Zusammenspiel mit der Ausweichbewegung kann der Spieler Kombinationsattacken ausführen, die einen flüssigen Kampfstil erlauben, was sich auf die Punktzahl auswirkt. Eine weitere Fähigkeit ist der ‚Chainsaw-Dash‘. Dadurch erhöht Juliet ihre Geschwindigkeit und stößt mit der Kettensäge nach vorne, um alle Gegner vor ihr mitzunehmen, aber auch um Rampen zu überwinden. Tötet Juliet mehrere Zombies auf einmal, wird die Glitzerjagd ausgelöst. Je mehr Zombies desto mehr Gold- und Platinmedaillen werden ausgeschüttet.

Mithilfe der Medaillen, die auch normal in den Levels verteilt sind, kann Juliet in den Shops Einkäufe tätigen. Dadurch kann man neue Kombos freischalten, Upgrades für z.B. Gesundheit oder Stärke und Heil-Items kaufen, die man in Form von Lollis auch in den Levels finden kann, aber auch Kostüme oder Songs erwerben, die im Soundtrack enthalten sind.

Kopf(los)

Nick scheint zunächst als Kopf, der an Juliets Rock hängt, ziemlich nutzlos. Jedoch kommt es im Spiel zu Situationen, in denen der Spieler Nick auf einen kopflosen Körper setzen und dann ein Quicktime-Event absolvieren muss, um für Juliet ein Hindernis zu beseitigen. Leider stellen diese keine große Herausforderung. Alle Quicktime-Events sind beim ersten Versuch machbar. Es gibt im Spiel noch andere Stellen, die Quicktime-Events nutzen. Außer in Bosskämpfen sind diese meistens optional, schaffen nur einen kleinen Vorteil und erweisen sich als ähnlich einfach.

Kopf-/Prämien

Nick hat weitere Fähigkeiten, die mithilfe eines Nicktickets ausgelöst werden. Zu erwerben sind diese in den Shops, ebenso neue Fähigkeiten. So ermöglicht z.B. eine Fähigkeit, dass sich aus Nicks Kopf Goldmedaillen und Lollipops ausschütten lassen. Im Laufe des Spiels des Spiels erhält Juliet zudem Upgrades für ihre Kettensäge. Relativ früh im Spiel bekommt man der „Chainsaw Blaster“, mit dem man mit Lippenstiften Zombies im Fernkampf erschießen kann. Einige Gegner erfordern den Gebrauch dieser Waffe.

Abwechslungsarm

Ein generelles Problem bei Hack and Slays, ist die mangelnde Abwechslung im Gameplay. Bei der Vielzahl an Kombos, die theoretisch gelernt sein müssen, legt sich der faule Spieler dann doch auf bestimmte Muster fest. Lollipop Chainsaw macht beim Kampfsystem nichts Neues, aber macht das Altbewährte gut. Die Bosskämpfe sind gut inszeniert, fragen allerdings keine speziellen Kombos ab. Meistens gilt es, das Ausweichen und den Umgang zwischen Nah- und Fernkampf zu beherrschen. Allerdings wird das ganze durch die zickige Kamera erschwert, denn in einigen Bosskämpfen ist die Kamera sehr eingeschränkt bewegbar. Der Gegner kann zwar anvisiert werden, allerdings erschwert das die räumliche Übersicht. Außerhalb der Bosskämpfe ist es zur besseren Orientierung daher ratsam, auf das Anvisieren zu verzichten. Bei großen Gegnerhorden ist es jedoch wiederum schwer auf die nicht anvisierten Gegner zu achten und vor allem in engen Räumen zoomt die Kamera zu nah an die Spielfigur heran, was sehr unvorteilhaft während eines Kampfes ist.

Abwechslungsreich

Lobend zu erwähnen ist das Leveldesign, das mit einer großen Abwechslung überzeugen kann. Das Casino-Level ist dabei besonders hervorgestochen .

Am Ende eines jeden Levels wird die Leistung des Spielers ausgewertet und mit einer Gesamtwertung und Gesamtpunktzahl versehen. Mit der Punktzahl kann sich der Spieler in die globale Bestenliste  eintragen, um sie mit den anderen Spielern zu vergleichen. Allerdings ist anzuzweifeln, ob der Drang den Highscore zu erreichen bzw. zu knacken, langzeitmotivierend wirkt.

Planet Terroroder Überzeichnet I

Zombies werden durch die Mitte geteilt. Dabei spritzt in alter Asia-Slasher- bzw. TarantinoRodriguez-Manier das „Blut“ wie aus einem Duschkopf. In Sachen Gewalt geht es nicht zimperlich zu. Glücklicherweise fällt das Ganze dennoch nicht zu sehr ins Gewicht. Zwar haben Hauptfiguren und Umgebung teils realistische Darstellungen, allerdings ist man noch weit entfernt von einer Grafik eines  oder Battlefields oder Call of Dutys. Die Blutfontänen und die insgesamt gezeigte Gewalt sind in Cartoon-Manier maßlos überzeichnet. So ist das Blut in Verbindung mit den Animationen farblich oft eine glitzernde Mischung aus rot, lila und neon-rosa. Zombies lösen sich als eine Art breiige Masse auf und bei besonders erfolgreichen Kombos erscheint alles in Regenbogenfarben. Zusammen mit dem ironischen und humoristischen Unterton haben auch 16-Jährige dadurch, durchaus die Möglichkeit eine Distanz zur gezeigten Gewalt zu schaffen.

Sex oder Überzeichnet II

In Lollipop Chainsaw spielen wir die 18-jährige Juliet, die nicht gerade üppig bekleidet ist. Bekleidet mit bauchfreien Top, Minirock und Kniestrümpfen zieht sie los auf Zombiejagd. Das Spiel blendet in den Ladebildschirmen Tipps ein. Davon besagt einer, dass man ihr nicht unter dem Rock schauen soll. Versucht man dies, indem man die Kamera richtig einstellt, hält sie ihre Hand davor. Nichtsdestotrotz lässt sich dies nicht bei Angriffen vermeiden. Das Spiel hat viele obszöne pubertäre Witze und Momente und arbeitet mit vielen sexualisierten Schimpfwörtern, unter anderem „Schlampe“, „Fick dich!“ etc. … Vulgäre Ausdrücke, die zwar nicht jedem gefallen, denen Kinder im Alter von 16 Jahren jedoch sicherlich schon mal begegnet sind. Zu keinem Zeitpunkt sind nackte Körper oder etwa Geschlechtsverkehr zu sehen, was im Produktionsland Japan generell für Probleme sorgen würde. Auch hier trägt der ironische und überzeichnete Unterton des Spiels dazu bei, dass 16-Jährige Distanz zu den gezeigten Inhalten schaffen können.

Starkes Mädchen? oder Überzeichnet III

Hier stehen zwei Aspekte gegenüber: Einerseits ist Juliets Auftritt eines niedlichen Mädchens, das einen festen Freund hat, der sie beschützen will, was andererseits absurd ist, wenn man weiß, dass sie mit einer Kettensäge (!) aus den Zombies Kleinholz macht. Wir haben mit Juliet eine Figur, die zwar sehr klischeehaft und sexualisiert aussieht, jedoch keine schwache Figur ist, dadurch, dass sie die Heldin ist und ihre Schulkameraden beschützt. Eine eigenartige Mischung, die schwer zuzuordnen ist.

Fazit:

Lollipop Chainsaw ist ein nettes, witziges Zombie Hack and Slay, dass eher mit seiner Prämisse und Inszenierung auf sich aufmerksam macht als mit dem Gameplay. Zwar sind im Kampf viele Kombos möglich, doch es reicht auch aus, wenn man sich auf bestimmte Angriffsmuster festlegt. Dazu kommen Kameraprobleme, die die ein oder andere Zombieschlacht unübersichtlich machen. Dahingegen bieten die sonst linearen Level Abwechslung im Design. Wer Lust auf einen kurzen, abgedrehten Trip hat und das eintönige Gameplay verzeihen kann, der kann Lollipop Chainsaw eine Chance geben.

Jugendliche ab 16 Jahren dürften mit diesem Spiel keine Probleme haben, da die übertriebene, überzeichnete und nicht ernstzunehmende Inszenierung stets die Möglichkeit bietet eine Distanz zum Gezeigtem zu wahren.

Batman-The Enemy Within

Im zweiten Teil von Telltales neuem Batman-Abenteuer steuert man wieder Batman alias Bruce Wayne. Ebenso kehren auch bekannte Charaktere aus der ersten Staffel  zurück, wie der treue Butler Alfred Pennyworth oder der Polizist Jim Gordon. Nachdem Batman in der ersten Staffel Lady Arkham besiegt und den Penguin hinter Gittern gebracht hat, muss man diesmal gegen den geheimnisvollen ,,Pakt“ antreten, angeführt vom Riddler. Unterstützt wird man dabei von Catwoman und der ,,Agency“, geleitet von Direktor Amanda Waller. Wie in anderen Telltale-Spielen üblich wird hier der Fokus auf eine spannende und wendungsreiche Handlung gelegt, sodass man das Gefühl von einem Film zum Mitspielen bekommt.

Moralisches Dilemma

Telltale-typisch besteht ein großer Teil der Spielmechanik aus moralischen Entscheidungen, die meistens während der zahlreichen Dialoge zu treffen sind. Außerdem müssen häufig Tatorte auf Hinweise untersucht und kurze Quicktime-Events absolviert werden.  Da aber das Hauptaugenmerk auf der Handlung liegt, sind die meisten Rätsel leicht zu meistern.

Wie auch in der ersten Staffel setzt Telltale auf den bewährten Comic-Look. Der Comic-Look sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Telltale hier wieder eine düstere und ernste Geschichte erzählt. Nachdem in der ersten Staffel Batmans Hintergrundgeschichte in den Mittelpunkt gerückt worden ist, wird man jetzt vor die Frage gestellt, was man unternimmt, wenn die geballte Kraft eines Batman nicht mehr ausreicht. Denn durch das Auftauchen des ,,Paktes“, hat Batman es diesmal mit mehreren Bösewichtern – allesamt bekannte Figuren aus dem Batman-Universum, wie etwa Bane, Harley Quinn oder der interessant-mysteriöse John Doe – auf einmal zu tun. Gegen diese geballte Ladung an Feinden kommt Batman diesmal die ,,Agency“ zu Hilfe. Dabei wird der Spieler immer wieder in die moralische Zwickmühle gedrängt, da die Methoden der ,,Agency“ nicht gerade dem Batmankodex entsprechen. So muss sich der Spieler ständig mit der Entscheidung plagen, die moralisch gute Option zu treffen, jedoch mit der Gefahr seinen neuen und wichtigen Verbündeten zu verlieren.  Oder man versucht der ,,Agency“ zu gefallen, wobei man jedoch Batmans persönlichen Moralkodex verrät. Diese Entscheidungen haben meist keine direkten unmittelbar spürbaren Auswirkungen, ändern jedoch den Verlauf der fünften und letzten Episode enorm.

Detaillierte Gewalt im Comic-Look

Für Spieler unter 16 Jahren ist dieses Spiel nicht geeignet, aber auch besonders sensible Spieler sollten auf andere Titel zurückgreifen. Denn Telltale schreckt nicht davor zurück, trotz Comic-Look, detaillierte und besonders realistische Gewalt darzustellen. So wird z.B. in einer Szene ein Charakter wortwörtlich in Stücke gehackt und auch sonst spart das Spiel nicht mit blutigen Details. Ebenso müssen viele dramatische und potenziell weitreichende Entscheidungen unter Zeitdruck gefällt werden, was zusätzlichen Stress auslösen kann. Durch den Comic-Look wird die Gewaltdarstellung zwar etwas abgeschwächt, doch es können trotzdem einige unangenehme Bilder haften bleiben.

Episodentitel

Das Spiel besteht aus 5 Kapiteln, welche je rund 2 Stunden Spielzeit beanspruchen. Mittlerweile sind alle Kapitel veröffentlicht worden. Beim Kauf des Spiels werden automatisch alle Kapitel installiert. Es entstehen somit keine Zusatzkosten.

Fazit:

Telltale hat es wieder geschafft durch eine kinoreife Inszenierung das Gefühl zu vermitteln, dass man einen Film anschaut, den man durch persönliche Entscheidungen beeinflussen kann. Besonders hervorzuheben sind die grandiosen Synchronsprecher, die den gut geschriebenen Charakteren noch mehr Leben einhauchen. Leider sind alle Dialoge in Englisch vertont, man kann jedoch deutsche Untertitel einschalten.  The Enemy Within liefert ein hoch intensives Spielerlebnis, welches  für Spieler unter 16 Jahren nicht geeignet ist. Auch besonders sensiblen Spielern ist von einem Kauf abzuraten. Anders als in vorherigen Titeln wirken sich die Entscheidungen diesmal spürbar auf die Handlung aus, was den Wiederspielwert von The Enemy Within erhöht.

Eine Rezension von Tamim Said // Wintersemester 2017/2018